„Digital mobil im Alter“ – SeniorenNetz Märkisches Viertel

Seit Januar 2017 trifft sich im Ribbeck-Haus, einem Mietertreffpunkt der GESOBAU AG, die Gruppe der „Cyber Seniors“. Anfangs noch als strukturiertes Trainingsprogramm angedacht, sind die dort stattfindenden, kostenfreien Tablet-Kurse inzwischen zu einem offenen „Vernetzungscafé“ geworden. Unter regelmäßiger Anleitung eines ehrenamtlich Engagierten lernen auch Ruth Schley, 79 Jahre, Evelyn Schmidt, 85 Jahre, Sigrid Polenz, 75 Jahre und Ursula Quanz, 74 Jahre an Tablets, wie sie z.B. online nützliche Gesundheitsinformationen finden, Kontakte über soziale Medien pflegen oder Apps installieren können.

(Erstellung des Interviews: Mai 2019)

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1. Waren Sie bereits vor der Teilnahme an dem Trainingsprogramm digital aktiv oder haben Sie bereits Erfahrungen mit der Nutzung des Internets?

Ursula Quanz: Ich war schon vor meiner Teilnahme an dem Programm regelmäßig im Internet, z.B., um mit meiner Freundin aus München zu skypen, E-Mails an die Enkel zu schreiben oder mal Geburtstagsgrüße zu verschicken. Als ich mir damals meinen ersten Laptop gekauft habe, habe ich einen Bekannten gebeten, mir alles erst einmal Schritt für Schritt zu zeigen – dabei mussten wir wirklich bei null anfangen. Mein Mann beschäftigte sich schon lange mit dem Internet, aber er hatte nie die Geduld, es mir zu erklären.

Sigrid Polenz: Für mich war das alles komplett neu. Ich bin bis dato noch nie in Berührung mit dem Internet gekommen, da ich immer der Meinung war, ich würde es sowieso nicht können. Deshalb habe ich mich gar nicht erst getraut, es zu versuchen und hätte es ohne die Gruppe wahrscheinlich auch bis heute nicht.

2. Wie sind Sie auf das Angebot „Digital mobil im Alter“ aufmerksam geworden?

Evelyn Schmidt: Als ich über das Ribbeck-Haus von der Gruppe und dem kostenfreien Tablet-Kurs erfahren habe, habe ich beschlossen, es einmal zu versuchen. Dabei ging es mir gar nicht darum, etwas Bestimmtes im Internet zu beherrschen. In erster Linie wollte ich einfach mitreden können, wenn meine Familie oder die Nachbarinnen und Nachbarn sich mal wieder austauschen. Die jüngere Generation wächst mit der Technik auf, für sie ist das auch im Sprachgebrauch selbstverständlich. Wenn man dann, wie ich, nichts von alldem versteht, kommt man sich schon etwas ausgestoßen vor.

Ruth Schley: Da stimme ich zu. Meine Enkel fragen mich immer, wie wir das bloß all die Jahre ohne Smartphones überstanden haben. Ich antworte dann, indem ich ihnen erzähle, wie es lange Zeit sogar ganz ohne Telefone ging. (lacht)
Als Bewohnerin des Märkischen Viertels besuche ich seit mehr als 20 Jahren regelmäßig das Ribbeck-Haus und nehme an den wöchentlichen Treffen, am Basteln, Singen oder der Gymnastik teil. Dadurch habe ich gleich zu Anfang von den Tablet-Kursen mitbekommen. Für mich war direkt klar, dass ich auch hierbei mitmache.

Sigrid Polenz: Ich habe im Berliner Abendblatt von dem Angebot gelesen und fand das super, da ich mich gerne etwas weiterbilden und auch mal wieder unter Leute kommen wollte. Durch die Pflege meines Mannes habe ich sonst nicht viel Gelegenheit dafür. Das Ribbeck-Haus kannte ich auch schon, da ich hier mal bei einem Englischkurs mitgemacht habe.

3. Können Sie beschreiben, wie sich ein typisches Treffen der „Cyber Seniors“ gestaltet? Was sind die Themen? Mit welchen Fragen oder Anliegen beschäftigen Sie sich?

Evelyn Schmidt: Wir sind eine Gruppe von ca. acht bis maximal zehn Seniorinnen und Senioren mit zum Teil ganz unterschiedlichen Erfahrungen. Meistens beschäftigen wir uns mit Themen, die das tägliche Leben, Bürokratie oder Freizeit betreffen. Herr Belkot, unser Kursleiter, schlägt uns entweder ein Thema vor oder wir bringen Vorschläge ein, mit dem was uns aktuell interessiert. Da wir insgesamt zehn Tablets zur Verfügung haben, kann dann Jede bzw. Jeder auf einem eigenen Gerät die einzelnen Schritte anhand von Herrn Belkots Erläuterungen befolgen und ausprobieren. Im Vernetzungscafé bleibt aber auch immer die Zeit, uns bei ganz konkreten Problemen oder Anliegen Hilfe oder Tipps zu holen. Wir können auch unsere eigenen Geräte mitbringen, um mal eine Einstellung zu ändern oder andere Dinge, die das Gerät betreffen, zu erfragen.

4. Was gefällt Ihnen besonders gut?

Sigrid Polenz: Ich finde es großartig, dass hier in der Gruppe individuell auf unsere Wünsche eingegangen wird. Zum Beispiel habe ich einmal angedeutet, dass ich auch gern wieder etwas Englisch lernen möchte. Daraufhin hat Herr Belkot uns den Google-Übersetzer gezeigt und wir haben nach kostenlosen Sprach-Lern-Apps recherchiert.

Ursula Quanz: Mir gefällt besonders die freundliche und lockere Atmosphäre unserer Gruppe. Es ist schön, dass hier alles etwas ungezwungener und persönlicher ist als bspw. bei einem Kurs an der Volkshochschule. 

Evelyn Schmidt: Mich motoviert das Erfolgserlebnis, wenn etwas funktioniert. Allein, ohne die Unterstützung von unserem Kursleiter, habe ich immer die Befürchtung, etwas falsch anzuklicken oder bin frustriert, wenn ich nicht gleich dort hinkomme, wo ich hinwill. In der Gruppe wird mir aber die nötige Sicherheit gegeben.

5. Das Angebot zielt darauf ab, Berührungsängste mit digitalen Medien abzubauen und die Medienkompetenz älterer Menschen zu fördern. Können Sie bereits Erlerntes in Ihrem Alltag umsetzen? Wenn ja, welche Möglichkeiten entdecken Sie, die Ihnen das Leben er

Evelyn Schmidt: Als ich vergangenes Jahr mit meinem Mann Urlaub an der Ostsee machte, hatten wir ein Erlebnis, worauf ich im Nachhinein sehr stolz bin. Als ich nirgends im Hotelzimmer eine Informationsmappe gefunden habe, wo z.B. die Zeiten für Frühstück oder die TV-Kanäle zu finden sind, habe ich an der Rezeption angerufen und danach gefragt. Am Telefon teilte man mir mit, dass jedes Zimmer neuerdings ein Tablet hat, wo alles drinsteht. Ich war zwar im ersten Moment überrascht, konnte das Gerät letztendlich aber bedienen und alle Informationen abrufen. Das hätte ich vor unserem Kurs nicht geschafft.

Ursula Quanz: Vor Kurzem war mein Personalausweis abgelaufen. Hier im Kurs habe ich gelernt, wie ich mir online ganz einfach einen Termin beim Bürgeramt machen kann, um einen neuen zu beantragen. So blieb mir das lange Warten erspart, das fand ich sehr praktisch.

Sigrid Polenz: Meine Tochter lebt in Amerika, sodass es für uns generell etwas schwieriger mit der Kommunikation ist. Seitdem ich aber einen Laptop besitze und gelernt habe, wie man sogar per Video telefonieren kann, erleichtert uns das den Kontakt sehr. Meine Tochter auf diese Weise regelmäßig sehen zu können, macht mich sehr glücklich. 

Ruth Schley: Ich nutze das Tablet zu Hause gerne für Gedächtnistraining. Mein Enkel installiert mir dafür immer mal wieder verschiedene Apps, so bleibe ich fit und habe gleichzeitig eine nette Beschäftigung.

6. Gibt es etwas, was Sie sich für weitere Treffen wünschen bzw. was noch besser gemacht werden kann?

Ursula Quanz: Meiner Meinung nach könnten wir unser Angebot noch verbessern, indem wir bereits bei der Anmeldung neuer Teilnehmenden mehr darauf achten, wer Anfänger und wer Fortgeschrittener ist und anhand dessen die Gruppe teilen.

7. Würden Sie eine Teilnahme an den regelmäßigen Treffen der „Cyber Seniors“ weiterempfehlen? Für wen eignet sich das Angebot insbesondere?

Ruth Schley: Ich finde es wichtig, dass man im Alter aktiv bleibt und versucht, mit der Zeit mitzugehen. Daher würde ich das Angebot allen Seniorinnen und Senioren weiterempfehlen, die sich körperlich und geistig dazu in der Lage fühlen.

Gesundheitliche Chancengleichheit

Der Kooperationsverbund wurde 2003 von der BZgA initiiert. Sein zentrales Ziel ist die Stärkung und Verbreitung guter Praxis in Projekten und Maßnahmen der Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten.

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