Seit November 2013 ergänzt die überwiegend ehrenamtlich geführte Senioren-Infothek die Arbeit des Netzwerks Märkisches Viertel e. V.. An zentraler Stelle im Märkischen Viertel geben Seniorinnen und Senioren, die im Stadtteil leben und gut vernetzt sind zweimal wöchentlich Auskünfte weiter und vermitteln Ratsuchende weiter. Gerade den Gruppen, die durch formelle Angebote schwer zu erreichen sind, soll so der Zugang zu Netzwerkangeboten erleichtert werden.

Die Interviewfragen stellten wir Frau Helene Böhm (GESOBAU, Soziale Quartiersentwicklung/ Projektleitung)

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Wie kam es zur Idee Ihres Angebotes?

Das Projekt „Senioren-Infothek“ entstand im Rahmen des Bundesprogramms „Anlaufstellen für ältere Menschen“. Das Konzept freiwilliger Arbeit mit, von und für Senioren wurde von November 2013 bis Dezember 2014 mit Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Seit Januar 2015 werden die beiden in der Infothek tätigen Senioren durch das Netzwerk Märkisches Viertel als Mitarbeiter geringfügig beschäftigt.

Was macht das Angebot in Ihren Augen so wichtig?

Die Verstetigung der Senioren-Infothek als zentrale Anlaufstelle für ältere Menschen im Viertel ist von Beginn an das Ziel des Projekts. Sowohl die Besucherzahlen, das Spektrum der Anfragen und die Resonanz der beteiligten Projektpartner können die Annahme bestätigen, dass die Senioren-Infothek einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung und Steigerung der Lebensqualität Älterer im Märkischen Viertel leistet. Das Angebot konnte  bis zum Ende der geförderten Projektphase als Dauereinrichtung im Märkischen Viertel  etabliert werden und so den langanhaltenden Transfer von Informationen zwischen Bewohnerinnen und Bewohnen, Anbietern, Kommune, Netzwerk Märkisches Viertel und Wohnungsunternehmen gewährleisten. Vor uns liegt in den kommenden Jahren die Aufgabe, die Weiterfinanzierung der Senioren-Infothek zu sichern und weitere ehrenamtliche Mitstreiter zu finden, die sich am Gelingen des Projektes auf peer-to-peer Ebene beteiligen werden.

Wie haben Sie ältere Menschen bspw. bei der Angebotsentwicklung und -umsetzung miteinbezogen? (Partizipation)

Schulungen, Rücksprachen und Themenwochen bieten die notwendige Kommunikationsstruktur, um Angebote und Bedarfe über Informationen, Direktkontakte mit Besuchern und Weiterleitungen der Senioren-Infothek abzugleichen. Vorschläge und Erkenntnisse werden dem Netzwerk Märkisches Viertel monatlich in den Vorstandssitzungen übermittelt bzw. in Projektansätze oder ff. Informationsveranstaltungen integriert. Ein neuer Standort im Viertel wurde nach Befragungen und Workshops im Mai 2015 in einem Seniorenwohnhaus eröffnet.

Wie gehen Sie vor, um älteren Menschen einen möglichst leichten Zugang zum Angebot zu ermöglichen? (Niedrigschwelligkeit)

Wir greifen Themen auf, die Menschen interessieren. Wir sichern über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine peer-to-peer Ansprache.

Nennen Sie uns einmal fördernde sowie hemmende Faktoren bei der Umsetzung Ihres Angebotes?

Die Bewohnerinnen und Bewohner des Märkischen Viertels profitieren direkt von den auf ihre Bedarfe hin ausgerichteten Angeboten durch die Senioren-Infothek. Zusammengenommen wirkt sie mit anderen Anlaufstellen des Netzwerks Märkisches Viertel über den Alltag hinaus unterstützend, in dem sie die kontinuierliche Verbindung zur Bewohnerschaft sichert. Die Anliegen aus der Bewohnerschaft werden auf diesem Weg ermittelt und bearbeitet, so dass Netzwerkpartner (z. B. GESOBAU, Bezirksamt, Sportverein) sie aufgreifen und in ihre Planungen einfließen lassen können.

Die Verantwortung für die Planung und Gestaltung der Arbeit hängt maßgeblich von wenigen Akteuren des Netzwerkvorstandes und natürlich vom Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab. Die Besetzung der Senioren-Infothek durch zwei langjährige Mieter und Mitarbeiter des Wohnungsunternehmens GESOBAU sind entscheidend für den Erfolg des Projektes. Hier müssen wir mit Blick in die Zukunft bereits jetzt beginnen, uns um potenzielle Nachfolger zu kümmern. Auch die lokalen Gegebenheiten des Viertels, das starke kommunale und wohnungswirtschaftliche Engagement sowie die Einbeziehung der Senioren-Infothek in die formellen und informellen Netzwerke sind förderlich.

Was geben Sie denen auf den Weg mit, die ähnliches planen?

Strukturelle Vorteile für die Arbeit der Senioren-Infothek ergeben sich aus der lokalen Verankerung, eine aktive Kerngruppe und viele aktive Mitglieder sowie u. a. durch klare Ziele und Handlungsfelder. Die Übertragbarkeit des kooperativen Ansatzes auf ähnliche Quartiere oder Stadträume wird in der Fachöffentlichkeit fortlaufend diskutiert. Als Novum und Chance zur Entwicklung ganzheitlicher Quartiersansätze wird die Heterogenität der Netzwerkmitglieder herausgestellt, die Klarheit der Ziele und die Bereitschaft, sich in einem gemeinsame Lernprozess systematisch Fähigkeiten anzueignen, um strukturbezogene soziale Dienstleistungen für die Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils zu entwickeln, die den Gesamtkontext organisationsspezifischer und gesellschaftlicher Bedingungen beachten.

Kontext: Das Märkische Viertel wurde in den 1960er Jahren als Vorzeigeprojekt des zeitge-nössischen Städtebaus für 40.000 Einwohnerinnen und Einwohner konzipiert und innerhalb von zwölf Jahren errichtet. Namhafte Architekten setzten in einer höhengestaffelten Bauweise mit bis zu 18 Geschossen unterschiedliche Akzente. Die Großsiedlungsbestände umfassen ca. 16.000 Wohnungen mit einem breit gefächerten Angebot von Wohnungsgrößen zwischen 40 m² und 110 m². Im Stadtteil leben 36.300 Einwohner.

Der Anteil der Einwohner über 65 Jahren beträgt 22 %. Darunter sind viele Erstmieterinnen und Erstmieter, die ab 1964 eingezogen und im Stadtteil alt geworden sind. Das Märkische Viertel bietet Vorteile für sie: Kleine Wohnungen, eine barrierearme Gestaltung des öffentlichen Raums und Gebäude, die barrierearme Bestandsanpassung durch die GESOBAU AG sowie die gut ausgebaute Verkehrsanbindung.

Auch bei eingeschränkter Mobilität kann man sich in einem eingeschränkten Aktionsradius im Märkischen Viertel gut versorgen. Es gibt ein durchschnittlich gutes lokales Angebot an Versorgungsgütern, Dienstleistungen der Gesundheitswirtschaft sowie zahlreiche Akteure des Gemeinwesens. Sie bilden ein lebendiges Netz für die soziale Versorgung und die Nachbarschaft. Merkmale der Siedlung sind die räumliche Konzentration öffentlicher Funktionen, großen Grünflächen und die Ausweisung zentraler, großräumiger Gewerbeflächen, dieAnreize für Aktivität und Mobilität bieten. Den zentralen Ort des Stadtteils bildet ein Einkaufs-zentrum, das gleichzeitig als sozialer Treffpunkt genutzt wird. Eine Vielzahl von barrierefreien Läden der unterschiedlichen Branchen, von Arztpraxen, Dienstleistungsanbietern und gastronomischen Angeboten, sowie ein Bürgeramt, ein Schwimmbad und ein Ärztehaus in der Nähe des Zentrums gewährleisten die Deckung des täglichen Bedarfs und die medizinische Versorgung. Auch der Sport genießt viel Raum, die Flächen werden in der Hauptsache von vier Sportvereinen mit vielfältigen Angeboten bespielt. Zahlreiche Seniorensportangebote sind darunter. Das lokale Umfeld hat für den Alltag älterer Menschen eine besondere Bedeutung: Wohnung und Wohnumfeld müssen bestimmte Kriterien erfüllen, damit ein normales Leben und aktive Teilhabe auch bei abnehmender Mobilität und zunehmender Hilfebedürftigkeit möglich sind. Denn ein selbstbestimmtes Leben zählt zu den wesentlichen Indikatoren der Gesundheitsförderung.

Bei weiteren Fragen zum Angebot

Helene Böhm
Ref. Soziale Quartiersentwicklung
Wilhelmsruher Damm 142, 13439 Berlin
Tel.: 030 4073-1510
Fax: 030 4073-1494
Mobil: 0173-239 1407
Mail:
Web: www.gesobau.de

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Der Kooperationsverbund wurde 2003 von der BZgA initiiert. Sein zentrales Ziel ist die Stärkung und Verbreitung guter Praxis in Projekten und Maßnahmen der Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten.

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