Initiative Demenzfreundliche Kommune Mittelfranken

Um Menschen mit Demenz eine aktive Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen, ist es wichtig, den Lebensraum demenzkranker Menschen und deren Angehöriger als Teil eines gesamtgesellschaftlichen Umgangs in den Blick zu nehmen. Die Initiative Demenzfreundliche Kommune Mittelfranken fördert die Teilhabe am öffentlichen Leben und unterstützt Kommunen bei den Herausforderungen, die diese Krankheit an alle Betroffene stellt.

Die Interviewfragen stellten wir Frau Nina Gremme (Dipl.Sozialpädagogin/Krankenschwester).

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1. Wie kam es zur Idee Ihres Angebotes?

Die Gerontopsychiatrische Fachkoordination (GeFa) Mittelfranken der Angehörigenberatung Nbg e. V. hatte eine umfangreiche Kampagne zum Thema Demenz umgesetzt. Es fanden über drei Jahre hinweg vielfältige Veranstaltungen und Vorträge in vielen kleinen und großen Gemeinden in Mittelfranken statt. Im Anschluss an diese Kampagne, die auch vom Bezirk Mittelfranken gefördert wurde, entstand die Idee, in die Praxis zu gehen und das vermittelte Know-how anzuwenden und praktische Maßnahmen umzusetzen.

2. Was macht dieses Angebot in Ihren Augen so wichtig?

Die „Initiative Demenzfreundliche Kommune Mittelfranken" strebt an, dass Menschen mit Demenz so lange wie möglich zu Hause leben können. Wir möchten ein Leben in der Kommune unterstützen, in der Betroffene und ebenso Angehörige von Menschen mit Demenz Integration und Inklusion erleben können. Wir wollen alltagspraktische Hilfen fördern, verbessern oder überhaupt entwickeln. Die wichtigsten Themen sind die Sensibilisierung und Enttabuisierung des Themas Demenz. Wir wollen innovative und attraktive Projekte in den Gemeinden anstoßen oder mitentwickeln und dabei trotzdem den Blick auf Vorhandenes richten, um identifizieren zu können, was Neues gebraucht wird. Das alles geht immer mit Netzwerkarbeit zusammen, die aufgebaut und gefördert wird.

3. Können Sie uns beschreiben, inwieweit das Setting Kommune in Ihrer Arbeit eine Rolle spielt, um die Menschen zu erreichen?

Wir richten uns immer erst an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Sozusagen als Hauptkooperationspartnerinnen und -partner, um von diesem Standpunkt aus alle sozialen Träger, die in den Kommunen agieren, zu erreichen. Daraus wird ein Netzwerk gebildet oder sogenannte Arbeitsgremien, die sich gemeinsam dem Thema „demenzfreundliche Kommune“ widmen. Über die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister ist die Kommune tatsächlich definiert. Manchmal ergeben sich hieraus auch Ortsgemeinschaften, wenn eine Bürgermeisterin oder ein Bürgermeister mehrere Orte betreut.

Wir haben am Anfang alle mittelfränkischen Kommunen angeschrieben und zu einer Auftaktveranstaltung eingeladen, die im Bezirksrathaus in Ansbach stattgefunden hat. Dort gab es neben Vorträgen zum Thema Demenz auch Informationen zu unserer Initiative sowie die Einladung, an unserer Initiative teilzunehmen. Mit Hilfe der Auftaktveranstaltung konnten wir bereits erste Teilnehmende gewinnen. Darüber hinaus machen wir viel Öffentlichkeitsarbeit, um auf unsere Aktivitäten aufmerksam zu machen. Ebenso bewerben wir das Projekt in Arbeitskreisen und Gremien in denen wir tätig sind. Wir machen sehr viele Schulungen zu dem Thema Demenz und gerontopsychiatrischer Versorgungsstrukturen. Dadurch erreichen wir die Menschen, die mit den Erkrankten arbeiten.

Grundsätzlich verstehen wir unter der Bezeichnung „demenzfreundliche Kommune“ folgendes: Es geht nicht nur um die Menschen mit Demenz. Es geht auch um die Angehörigen, die Fachleute und es geht um alle anderen. Also im Grunde so etwas wie "menschenfreundlich", im Sinne eines attraktiven Lebens vor Ort.

4. Inwieweit ist Partizipation bei Ihrem Projekt von Bedeutung? Wie haben Sie die Zielgruppe des Angebots beispielsweise bei der Angebotsentwicklung und -umsetzung einbezogen?

Hier kann noch einmal die Frage „Was ist demenzfreundlich?“ aufgegriffen werden. Es bedeutet immer auch die Frage danach, wie die Bedingungen vor Ort sind und welcher Bedarf dort besteht. Wenn mehr Bänke benötigt werden, damit sich die Seniorinnen und Senioren leichter bewegen können, dann geht man das Projekt „Sitzmöglichkeiten“ an. Wenn eine ambulant betreute Wohngemeinschaft benötigt wird, dann setzt man dort an. Die Regel ist, bei dieser Bedarfsevaluierung Bürgerinnen und Bürger sowie alle Betroffenen mit einzubeziehen. Das heißt, es kann wissenschaftlich begleitete Bedarfsanalysen geben, ebenso aber auch völlig niedrigschwellige Umfragen, in denen Seniorinnen und Senioren und auch alle anderen Bürgerinnen und Bürger eingeladen werden, mitzuteilen, welche Bedarfe es in ihrem Ort gibt. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass durch diese Mitwirkung schöne Ideen entstanden sind, die kombiniert mit dem Engagement der Fachleute zu tollen Projekten geführt haben.

So entstand beispielsweise in einer Kommune aus der Projektarbeit der Demenzfreundlichen Kommune heraus ein Quartiersmanagement. Oftmals wurden regelmäßige Veranstaltungsreihen zum rund um das Thema Demenz umgesetzt. Diese beinhalteten Stadtrundfahrten quer durch die Altenhilfe oder spezifische Vorträge und Kulturangebote. Eine andere Kommune hat einen Bürgerbus mit in die Initiative integriert und so die Mobilität aller Bürger gefördert. Mehrfach wurden regelmäßig auftretende Chöre für Menschen mit und ohne Demenz initiiert und immer wurde das Gemeindeblatt als Medium für Öffentlichkeitsarbeit mit einbezogen.

5. Können Sie uns einmal fördernde sowie hemmende Faktoren bei der Umsetzung Ihres Angebotes nennen?

Bei der Ansprache der jeweiligen Bürgermeisterinnen oder Bürgermeister sprechen wir die Aktualität des Themas Demenz an und argumentieren mit demografischen Daten der jeweiligen Kommunen. Die Vernetzung, die wir den Kommunen anbieten und das Know-How, das wir als Koordinationsstelle zur Verfügung stellen, macht es für die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister attraktiv, sich dem Thema anzunehmen. Mittlerweile konnten wir bereits viele Kommunen gewinnen und dies wirkt als Anstoß für andere Kommunen nachzuziehen.

Manchmal sind es sehr kleine Dörfer oder es sind mittelgroße Städte, die sich auf den Weg machen. Wir sehen dann, mit welch unterschiedlichen Problemen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den Dörfern und den Städten kämpfen, um das Leben für ihre Bürgerinnen und Bürger attraktiv zu gestalten. Die Vertrautheit ist in den kleinen Dörfern größer. Dafür ist die Angebotspalette in den größeren Orten größer. Es gibt also eine große Variabilität der Voraussetzungen der einzelnen Kommunen. Diese Unterschiedlichkeit der kommunalen Begebenheiten verhindert die Verwendung eines beständigen gleichförmigen Konzeptes. Vorgesehen ist immer eine Ist- und Bedarfsanalyse, auf Grundlage dessen ein eigenständiges Konzept für jede Kommune erstellt wird.

Was überall gleich ist, ist die Angst vor dem Thema. Demenz wird eigentlich immer erst thematisiert, wenn man es nicht mehr vermeidbar ist und man nicht mehr wegschauen kann. Trotz aller Aktualität ist Demenz immer noch ein Tabuthema, ob in einer größeren Stadt wie Nürnberg oder in einem kleinen Dorf. Was wir versuchen, ist auf verschiedenen Ebenen eine Art Enttabuisierung oder Sensibilisierung zu ermöglichen. Anhand von Themen und Angeboten, die man erst einmal gar nicht direkt mit Demenz in Verbindung bringt. Egal ob das in Sportvereinen oder während Kulturveranstaltungen ist. Unser Ziel ist, dass das Thema Demenz im gesellschaftlichen Miteinander aufgegriffen wird. Dabei ist ein langer Atem wichtig.

Bei weiteren Fragen zum Angebot

Nina Gremme
Stabsstelle Koordination
Gerontopsychiatrische Fachkoordination (GeFa) Mittelfranken
Danziger Straße 5
91522 Ansbach
Tel.: 0981/4664-20 207; Fax: 0981/4664-2099
Mail: 
Web: www.bezirk-mittelfranken.de

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